Schulgeld durch die Hintertür oder die Rechenspiele des Günther Ö.
Die AGS Baden-Württemberg geht auf Konfrontationskurs mit Herrn Ö. Man ist sauer, weil die von der heutigen CDU-Landesregierung im Wahlkampf versprochenen 1 500 zusätzlichen Lehrerstellen immer noch nicht geschaffen sind. Nach neuesten Mitteilungen aus der Umgebung des Ministerpräsidenten sollen sogar weitere 500 Stellen nicht wieder besetzt werden. Es ist zu erwarten, dass das Land auf Grund dieser destruktiven Bildungspolitik seine Spitzenposition im Bildungsbereich verlieren wird. Im Klartext: Es drohen noch mehr Unterrichtsausfälle als ohnehin schon. Insbesondere Kinder aus nicht wohlhabenden Elternhäusern werden durch diese Politik noch mehr benachteiligt.
Auf die Eltern der Schulabgänger und ausbildungswillige Unternehmen werden also zusätzliche erhebliche Anstrengungen und Aufwendungen zukommen, um die Jugendlichen für ihre Ausbildung fit zu machen. Für die Eltern bedeutet dies Schulgeld durch die Hintertür: Zusatzunterricht zu organisieren und aus der eigenen Tasche zu bezahlen, was eigentlich Sache der Bildungspolitik ist – aber man kann ja die Chancen der Sprösslinge auf dem Ausbildungsmarkt nicht aufs Spiel setzen.
Ebenso kommt auf ausbildende Unternehmen erheblicher zeitlicher und finanzieller Mehraufwand zu, um in der Schule versäumte Grundfertigkeiten zu vermitteln, damit später die Prüfungsreife gewährleistet ist. Schließlich möchte jeder Ausbildungsbetrieb mit Stolz qualifizierten Nachwuchs aus der Lehre entlassen und übernehmen können.
Karl-Rainer Kopf, Handwerksmeister aus der Ortenau und baden-württembergischer Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD (AGS) meint: „Es kann und darf nicht sein, dass einerseits von Industrie und Gewerbe ständig verlangt wird, mehr Lehrstellen zu schaffen und andererseits unseren Betrieben – darunter bekanntlich viele kleine und mittlere Handwerker – noch mehr Kosten aufgebürdet werden. Anstatt – wie versprochen – das Schul- und Ausbildungssystem schnellstens zu reformieren, sitzt Herr Öttinger das Problem aus und spielt hier wieder einmal auf Zeit“.
Die AGS Baden-Württemberg fordert eine umgehende Umstellung des Schulsystems auf Ganztagesunterricht. Nur dadurch lässt sich das immer umfangreichere Wissen noch zuverlässig vermitteln. Bezeichnend ist, dass jene Länder, die in der Pisa-Studie führende Plätze belegten, in dieser Schulform ausbilden. Dadurch und durch eine Staffelung der Abschlüsse ließe sich die Ausbildungszeit sogar wesentlich verkürzen. Dies würde die Ausbildungsbetriebe endlich entlasten und machen noch Zögernden zur Schaffung neuer Lehrstellen ermuntern. Die Selbständigen in der SPD fordern die Landesregierung auf, endlich ihre Wahlversprechen einzulösen, das heißt umgehend zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen und jede freiwerdende Stellen wieder zu besetzen. Wer wie Öttinger mehr Lehrstellen fordert, muss zuvor auch die schulischen Rahmenbedingungen schaffen.
Ralf Weinbrecht, stv. Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD Baden-Württemberg